Recht haben und Recht bekommen sind immer zwei Seiten einer Medaille. Inge Blask, Sprecherin des Themenforums Verbraucherpolitik, begrüßte die Gäste und führte in das Thema der Tagung ein. Dabei berichtete sie aus ihrer früheren Beratungspraxis bei der Verbraucherzentrale NRW. Viele Verbraucherinnen und Verbraucher kennen ihre Rechtsansprüche gar nicht, und wenn sie sie kennen, fehlt es ihnen oft an Mitteln und Möglichkeiten, ihre Ansprüche durchzusetzen.
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Wolfgang Schuldzinski, Vorstand Verbraucherzentrale NRW, ließ zunächst die Betroffenen selbst zu Wort kommen. In einem kurzem Film schilderten Menschen ihren alltäglichen Ärger: ein Selbstständiger, der sich die hohen Beitragszahlungen für die Krankenversicherung nicht leisten kann, eine Seniorin, die mit Abzocke-Briefen und dubiosen Angeboten am Telefon konfrontiert wird, oder eine Migrantin, die vor den Kommunikationsgepflogenheiten eines Kommunikations-Anbieters kapituliert.
In vielen Fällen fühlten sich Verbraucher überfordert, konstatierte Schuldzinski. Rechtsanwälte sind in Verbraucherstreitigkeiten bei Kosten bis zu 400 Euro oft keine Option. Für manche sind solche Summen aber existenzbedrohend. Jedem müsse daher der Zugang zu seinem Recht gewährleistet werden.
Über Erreichtes und Geplantes bei der Durchsetzung von Verbraucherrechten sprach Ulrich Kelber, parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz. Die SPD hat die Marktwächter Finanzen und Digitales geschaffen, die außergerichtliche Streitbeilegung gestärkt und ein Verbandsklagerecht bei Datenrechtsverstößen eingeführt. Dadurch wurde die kollektive Rechtsdurchsetzung gestärkt.
Außerdem werde die SPD sich für die Einführung einer Musterfeststellungsklage einsetzen. Verbraucherpolitik betreffe alle Menschen, so Ulrich Kelber weiter. Auch an Stellen, wo sie sich schutzlos, rechtlos und übervorteilt fühlten. Deshalb gehöre Verbraucherpolitik tief in die DNA sozialdemokratischer Politik.
Bernd Krieger, Leiter des Europäischen Verbraucherzentrums Deutschland, (2. v. l.) mahnte ein schnelleres Handeln an, wenn Verbraucherprobleme bekannt würden, zum Beispiel bei Trickbetrügereien im Internet. Hier müssten Behörden schneller eingreifen können. Es hapere am vorläufigen Rechtsschutz. An die Regierung appellierte er, bei der Umsetzung von EU-Richtlinien die Verbraucherinnen und Verbraucher nicht ständig mit dem Minimum abzuspeisen.
Hermann-Josef Tenhagen, Chefredakteur des gemeinnützigen Verbraucherportals Finanztip, (3. v. l.) hob hervor, dass Regelungen zum Schutz der Verbraucher nur wirken könnten, wenn ihre Einhaltung auch kontrolliert werde. Als ein Beispiel hierfür nannte er die Mietpreisbremse. Ein Fortschritt sei es, dass Vermieter künftig die Vormieten offenlegen müssten. Ein besonderes Anliegen aus seiner Berufspraxis ist ihm ein besserer Verbraucherschutz bei der Berufsunfähigkeitsversicherung. Bis zu sieben Jahren könne es dauern, bis hier eine Versicherung zahle.
Prof. Dr. Jürgen Keßler von der Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin, (2. v. l) plädierte für eine konsequente Abschöpfung von Unrechtsgewinnen. Gelder, die Unternehmen auf Kosten der Verbraucher zu Unrecht erwirtschafteten, müssten eins zu eins an die geschädigten Verbraucherinnen und Verbraucher zurückfließen. Im Moment sei unlauterer Wettbewerb, etwa Preisabsprachen, für die Unternehmen ein lohnendes Rechtsgeschäft. Auch kritisierte er, dass die vom Kartellamt verhängten Bußgelder heute in den allgemeinen Staatshaushalt fließen.
Elvira Drobinski-Weiß, verbraucherpolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion, (1. v. l.) betonte, wie wichtig und richtig die Entscheidung gewesen sei, die Verbraucherpolitik dem Bundesministerium der Justiz anzugliedern. Dadurch sei das Ressort deutlich aufgewertet worden. Auch sie sprach sich für die Einführung einer Musterfeststellungsklage aus. Diese sei ein probates Mittel um Rechte von Verbraucherinnen und Verbrauchern durchzusetzen. Wo der Einzelne sich scheue, den Klageweg zu beschreiten, müsse ihm eine bessere Hilfe angeboten werden. In anderen Ländern seien solche Verfahren gang und gäbe.
Sarah Ryglewski, Sprecherin des Themenforums Verbraucherpolitik, wies zum Abschluss darauf hin, dass das Motto der Tagung "Wer Recht hat, muss auch Recht bekommen", nicht nur im Interesse der Verbraucherinnen und Verbraucher liege, die geschädigt werden. Es sei ein Allgemeingut, dass jeder Recht bekommt, der Recht hat. Das müsse auch für das Verbraucherrecht gelten. Die Politik habe nun einiges auf dem Zettel stehen, zog sie das Resümee. Dabei gebe es gute Grundlagen, um darauf aufzubauen.