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Aktuelles

Frank Liese
06.10.2016 | Fachgespräch

Zu süß, zu fett, zu salzig?

SPD-Bundestagsfraktion

Die Idee ist einfach: Wenn es vielen Verbraucherinnen und Verbrauchern schwer fällt, ihr Konsum- und Essverhalten zu verändern, und ihr Alltag es nicht zulässt, regelmäßig selbst zu kochen, wenn zu Fertigprodukten gegriffen wird, oder in Kantinen vorgefertigte Speisen ausgegeben werden, dann hilft Ernährungsaufklärung allein wenig. Es müssen bessere Produkte her, gesündere Lebensmittel mit weniger Zucker, Fett und Salz.

Auf Initiative der SPD-Bundestagsfraktion hat diese Idee als „nationale Reduktionsstrategie“ Eingang in einen Koalitionsbeschluss gefunden und muss nun umgesetzt werden. Um den Beschluss mit Leben zu füllen, diskutierte die SPD-Arbeitsgruppe Ernährung mit Expertinnen und Experten aus Wissenschaft, Wirtschaft und Verbraucherforschung die Möglichkeiten und Herausforderungen einer Reduktionsstrategie für Zucker, Fett und Salz.

„Befragt man Verbraucher, so geben die meisten an, dass sie viel Wert auf eine gesunde Ernährung legen. Doch die steigenden Zahlen ernährungsbedingter Krankheiten zeigen, dass das für uns alle in der Realität nicht immer so leicht umzusetzen ist“, stellte die stellvertretende Fraktionsvorsitzende Ute Vogt fest.

Stattdessen werde im Alltag oft zu viel, zu süß, zu fett, zu salzig und unausgewogen gegessen. Hans-Georg Joost, Leiter des Deutschen Institutes für Ernährungsforschung in Potsdam, erklärte es deshalb zur Aufgabe der Wissenschaft, den Verzicht zu predigen. Er bezeichnete die Produkte als Kern des Problems. Helmut Heseker, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Ernährung, ergänzte, dass Kinder mit Produkten wie „Kindermilch“ schon früh an süße und kaloriendichte Lebensmittel gewöhnt würden.

Erfolge in Großbritannien

Wirksame Reduktionsziele müssen auf wissenschaftlicher Basis ermittelt und die Wirksamkeit der Strategie regelmäßig evaluiert werden, betonten die Experten. Bei Zucker und Salz verfüge man bereits über eine ausreichende wissenschaftliche Grundlage. So hätten Softdrinks großen Einfluss auf den Zuckerkonsum. Als Eintragsquelle für Salz gelte Brot. Andere Länder haben damit inzwischen Erfahrung. So berichtete Anna Comino, die Vertreterin der Britischen Botschaft, über die erfolgreiche Salzreduktion in Großbritannien, mit der das Risiko der Bevölkerung für Schlaganfälle und Herzerkrankungen deutlich gesenkt wurde. Wichtig sei hierbei die Zusammenarbeit mit der Lebensmittelwirtschaft.

Cornelia Rauh von der TU Berlin und Christine Dawczynski von der Universität Jena wiesen darauf hin, dass kleine und mittlere Unternehmen Unterstützung bei der Umsetzung der Reduktionsziele brauchen. Daher sei ein Wissenstransfer in kleinere Betriebe nötig.

Achim Drewes von der Firma Nestlé und Roland Ermer von der Bäcker-Landesinnung Sachsen, die bereits Erfahrungen mit der Reformulierung ihrer Produkte gemacht haben, wünschten sich von der Politik belastbare Rahmenbedingungen und eine gute Kommunikation.

Susanne Melior, SPE-Abgeordnete im zuständigen ENVI-Ausschuss betonte, dass die EU stärker beim Wissenstransfer behilflich sein müsse. Auch wenn bei der Reduktionsstrategie die national unterschiedlichen Ernährungsgewohnheiten berücksichtigt werden müssten, sollten bestimmte Aufgaben EU-weit geregelt werden.

Auch aus Sicht der Verbraucherverhaltensforschung sei eine enge Evaluation der Wirksamkeit der Strategie unabdingbar, erklärten Achim Spiller und Anke Zühlsdorf, beide Universität Göttingen. Die einzelnen Maßnahmen zur Erleichterung einer gesunden Ernährung müssten eng verzahnt werden. Demnach sei die Reformulierung von Lebensmitteln ein wichtiger Baustein, der mit anderen verbunden werden könne. Dabei stünden dem Gesetzgeber viele weitere weiche und harte Instrumente zur Verfügung, von der besseren Kennzeichnung über Werbebeschränkungen, Produktplatzierungen, Subventionierungs- oder Besteuerungsmaßnahmen bis hin zur gesetzlichen Festlegung von Höchstgehalten zur Verfügung.

Die beiden Moderatorinnen, Ursula Schulte, SPD-Mitglied der AG Ernährung und Landwirtschaft, und Elvira Drobinski-Weiß, verbraucherpolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, bedankten sich für die fruchtbare Diskussion, die gezeigt habe, dass an vielen Stellschrauben gedreht werden müsse, um den Menschen eine gesunde Ernährung zu erleichtern. Bei der zunächst freiwilligen Reduktionsstrategie sei es wichtig, dass möglichst viele Unternehmen mitmachen, denn umso einfacher werde es für den einzelnen. Gemeinsam könne man viel erreichen. Ebenso wichtig sei eine gute Kommunikation der Ziele und eine ständige Begleitung durch die Verbraucherverhaltensforschung. Denn die beste Strategie nutze nur, wenn man die Verbraucher auf diesen Weg mitnehme.